Distanziert. Nah

Der fremdgestellte Blick auf Geschichtliches im Kino

Nonfiction, Entertainment, Performing Arts, Film
Cover of the book Distanziert. Nah by Sandra Folie, GRIN Verlag
View on Amazon View on AbeBooks View on Kobo View on B.Depository View on eBay View on Walmart
Author: Sandra Folie ISBN: 9783656142034
Publisher: GRIN Verlag Publication: February 28, 2012
Imprint: GRIN Verlag Language: German
Author: Sandra Folie
ISBN: 9783656142034
Publisher: GRIN Verlag
Publication: February 28, 2012
Imprint: GRIN Verlag
Language: German

Essay aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Filmwissenschaft, Note: 1, Universität Wien (Theater-, Film- und Medienwissenschaft), Veranstaltung: Ring VO Kritische Theorie, Ästhetik, Gesellschaft, Sprache: Deutsch, Abstract: Als Kind mochte ich das Knistern des Fernsehbildschirms, wenn ich ganz nah daran vorbei-ging, wie dünne Haarsträhnen daran kleben blieben und es beim Loslösen derer in den Finger-spitzen kribbelte. Dabei stand ich so direkt vor dem Bild, dass es komplett verschwand, sich in kleine Punkte, schummrige Farbkleckse verwandelte und nicht mehr im Geringsten an das Programm erinnerte, welches gerade lief, aber doch auch eine Art Faszination auf mich aus-übte. Lange genug, mit weit aufgesperrten Augen, vor dem Fernsehschirm stehend, zerlegt sich einem/r das Bild, zumindest an hell unterlegten Stellen, in unzählige, senkrecht verlau-fende Streifen, die in Regenbogenfarben leuchten. Der Genuss dieser Entdeckung währte aber nicht mehr allzu lange, da meine Augen sich bald weigerten, diese Art des Fernsehens zu dul-den. Nun ist es keine neue Erkenntnis, nichts Überraschendes, dass ein wenig Distanz oft nottut, um klar sehen zu können. Je näher wir uns an etwas dran befinden, egal, ob es sich um Bilder, andere Objekte, Personen, Situationen oder gar das eigene Befinden handelt, desto verzerrter scheint es oft zu sein. So leicht feststellbar, wie als Kind, das zu nah vor dem Fernseher steht, ist dies aber meistens nicht, weil es sich auch nur in den seltensten Fällen um eine physische Nähe handelt, die körperlichen Schmerz verursacht. Dass etwas Abstand hilfreich sein kann, bleibt einem/r oft verschlossen - nicht zuletzt, weil das Nah-Sein, die Involviertheit, eine ge-wisse Einfühlung ganz automatisch da sind. Das trifft auch auf die Wahrnehmung von Filmen zu, denen zumeist ein schematisiertes Formgut zugrundeliegt, das uns durch die permanente Wiederholung von Bekanntem einlullt, hineinzieht und nur mehr ungern herauslässt. Der Frage, wie Vertrautes so angeblickt werden kann, als hätten wir es noch nie gesehen, wie der erzählerische Mechanismus des Mediums Film zu unterbrechen möglich ist, ging Thomas Ebbrecht in seinem Vortrag 'Das Unvertraute im Vertrauten. Der fremdgestellte Blick auf die Vergangenheit im Kino.' nach, den er ihm Rahmen der Ringvorlesung '(K)ein Ende der Kunst' gehalten hatte. Ihm gleich werde ich mich in meinem Essay entlang kritischer Ästhetiken, von Überlegungen Brechts, über Adorno und Kracauer, langsam vortasten, bis zu einem expliziten Filmbeispiel Harun Farockis, das sich mit der Shoah und der nationalsozia-listischen Vergangenheit auf ungewöhnliche Art und Weise auseinandersetzt...

Sandra Folie hat Deutsche Philologie, Theater-, Film- und Medienwissenschaft und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Wien studiert. Seit Februar 2016 ist sie DOC-Stipendiatin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) an der Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Wien, wo sie über Labels zeitgenössischer 'Frauenliteratur' promoviert.

View on Amazon View on AbeBooks View on Kobo View on B.Depository View on eBay View on Walmart

Essay aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Filmwissenschaft, Note: 1, Universität Wien (Theater-, Film- und Medienwissenschaft), Veranstaltung: Ring VO Kritische Theorie, Ästhetik, Gesellschaft, Sprache: Deutsch, Abstract: Als Kind mochte ich das Knistern des Fernsehbildschirms, wenn ich ganz nah daran vorbei-ging, wie dünne Haarsträhnen daran kleben blieben und es beim Loslösen derer in den Finger-spitzen kribbelte. Dabei stand ich so direkt vor dem Bild, dass es komplett verschwand, sich in kleine Punkte, schummrige Farbkleckse verwandelte und nicht mehr im Geringsten an das Programm erinnerte, welches gerade lief, aber doch auch eine Art Faszination auf mich aus-übte. Lange genug, mit weit aufgesperrten Augen, vor dem Fernsehschirm stehend, zerlegt sich einem/r das Bild, zumindest an hell unterlegten Stellen, in unzählige, senkrecht verlau-fende Streifen, die in Regenbogenfarben leuchten. Der Genuss dieser Entdeckung währte aber nicht mehr allzu lange, da meine Augen sich bald weigerten, diese Art des Fernsehens zu dul-den. Nun ist es keine neue Erkenntnis, nichts Überraschendes, dass ein wenig Distanz oft nottut, um klar sehen zu können. Je näher wir uns an etwas dran befinden, egal, ob es sich um Bilder, andere Objekte, Personen, Situationen oder gar das eigene Befinden handelt, desto verzerrter scheint es oft zu sein. So leicht feststellbar, wie als Kind, das zu nah vor dem Fernseher steht, ist dies aber meistens nicht, weil es sich auch nur in den seltensten Fällen um eine physische Nähe handelt, die körperlichen Schmerz verursacht. Dass etwas Abstand hilfreich sein kann, bleibt einem/r oft verschlossen - nicht zuletzt, weil das Nah-Sein, die Involviertheit, eine ge-wisse Einfühlung ganz automatisch da sind. Das trifft auch auf die Wahrnehmung von Filmen zu, denen zumeist ein schematisiertes Formgut zugrundeliegt, das uns durch die permanente Wiederholung von Bekanntem einlullt, hineinzieht und nur mehr ungern herauslässt. Der Frage, wie Vertrautes so angeblickt werden kann, als hätten wir es noch nie gesehen, wie der erzählerische Mechanismus des Mediums Film zu unterbrechen möglich ist, ging Thomas Ebbrecht in seinem Vortrag 'Das Unvertraute im Vertrauten. Der fremdgestellte Blick auf die Vergangenheit im Kino.' nach, den er ihm Rahmen der Ringvorlesung '(K)ein Ende der Kunst' gehalten hatte. Ihm gleich werde ich mich in meinem Essay entlang kritischer Ästhetiken, von Überlegungen Brechts, über Adorno und Kracauer, langsam vortasten, bis zu einem expliziten Filmbeispiel Harun Farockis, das sich mit der Shoah und der nationalsozia-listischen Vergangenheit auf ungewöhnliche Art und Weise auseinandersetzt...

Sandra Folie hat Deutsche Philologie, Theater-, Film- und Medienwissenschaft und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Wien studiert. Seit Februar 2016 ist sie DOC-Stipendiatin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) an der Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Wien, wo sie über Labels zeitgenössischer 'Frauenliteratur' promoviert.

More books from GRIN Verlag

Cover of the book Cashflow-orientierte Konzepte im Controlling für die Performancemessung und Risikoanalyse by Sandra Folie
Cover of the book Erziehung, demokratische Gesellschaft und Erfahrung in Hinblick auf John Deweys Erziehungstheorie by Sandra Folie
Cover of the book Der Bebauungsplan by Sandra Folie
Cover of the book Die männliche Herrschaft des 'NCIS'? by Sandra Folie
Cover of the book Dauerauftrag einrichten (Unterweisung Bankkaufmann / -kauffrau) by Sandra Folie
Cover of the book Bildungsungleichheiten und schichtspezifische Bildungschancen by Sandra Folie
Cover of the book Die Vereinten Nationen - Intergouvernementales System und / oder Global Governance? by Sandra Folie
Cover of the book Ästhetik des Widerstands - am Beispiel des Romans 'Fontamara' von Ignazio Silone by Sandra Folie
Cover of the book Im Norden alles besser? by Sandra Folie
Cover of the book Die Expansion des Osmanischen Reiches by Sandra Folie
Cover of the book Die Zentralbank als Lender of Last Resort by Sandra Folie
Cover of the book Modes of Identification and Delimitation in Philip Larkin`s Poems 'Mr. Bleaney' and 'Dockery and Son' by Sandra Folie
Cover of the book Bindungstheorie und Bindungsforschung by Sandra Folie
Cover of the book Die Insel Neuwerk by Sandra Folie
Cover of the book Rügen - Deutschlands größte Insel tourismuspolitisch analysiert by Sandra Folie
We use our own "cookies" and third party cookies to improve services and to see statistical information. By using this website, you agree to our Privacy Policy